Make village not war
Die Rolle deutsch-ukrainischer Städtepartnerschaften
#StandWithUkraine: Die Stadt Landau erklärt ihre Solidarität mit der Ukraine. © Stadt Landau
Die große Bereitschaft deutscher Kommunen, Flüchtlingen aus der Ukraine zu helfen, bezieht sich nicht nur auf ihren Aufenthalt in Deutschland. Hilfe und Unterstützung wird auch im Rahmen der mehr als 70 Städtepartnerschaften zwischen deutschen und ukrainischen Kommunen geleistet. Ziel ist es, den Menschen die dort bleiben zu helfen und Verwaltungen zu unterstützen, soweit das aktuell überhaupt möglich ist.
In dem Netzwerk der Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW) sind die Partnerschaften eng miteinander verbunden. Am 25. Februar fand ein erster Austausch mit Kommunen beider Länder aus dem Partnerschaftsnetzwerk statt und über 90 Kommunalvertreterinnen und –vertreter haben daran teilgenommen. Hier wurde ein umfangreicher Bedarf an humanitären Hilfsgütern identifiziert. Aktiv in den Programmen der SKEW sind 72 kommunale Partnerschaften. Wo gestern noch gemeinsam Projekte in Bereichen wie Stadtentwicklung, Energieeffizienz, Wasser/Abwasser, Good Local Governance, und Inklusion gemeinsam geplant und umgesetzt wurden, verstecken sich heute Menschen in U-Bahnschächten und Badewannen. Dieser Krieg ist eng mit uns verwoben und die Freundschaften und Partnerschaften über die Ländergrenzen hinweg spenden Mut, Zuversicht und ermöglichen unkomplizierte und schnelle Unterstützung.
“Niemand von uns kann so viel bewirken wie wir alle miteinander!”
Elie Wiesel, Friedensnobelpreis 1986
So bat der Bürgermeister von Lwiw/Lemberg beispielsweise seine Partnerstädte um Unterstützung und die Partnerstadt Freiburg wird die benötigten medizinischen Hilfsgüter, Medikamente und Schutzausrüstung in die Ukraine schicken. Auch die Stadt Hürth erklärt sich mit seiner Partnerstadt Peremyschljany in der Westukraine solidarisch, und bereitet sich auf Geflüchtete vor, sammelt Spenden und stellt Hilfsgüter, vor allem für medizinische Geräte, zusammen. Der Oberbürgermeister der Stadt Leipzig, Burkhard Jung, wendet sich in einer Videobotschaft an die Bürgerinnen und Bürger der Stadt Kiew, der ältesten Partnerstadt von Leipzig, und sichert Unterstützung und Zusammenarbeit zu.
Die Menschen in der Ukraine kämpfen für ihre Freiheit und Unabhängigkeit und territoriale Integrität. Sie verteidigen die Demokratie nicht nur in ihrem Land, sondern auch bei uns in Europa und in Deutschland. Wir dürfen die Städte und Gemeinden in der Ukraine in dieser schrecklichen Zeit nicht allein lassen. Die Kommunikationsmöglichkeiten im Rahmen von kommunalen Partnerschaften sollten wir umfassend nutzen, um vor Ort konkret helfen zu können, aber auch über die Lage immer wieder zu informieren.
Die Macht der Bilder, die auch über soziale Netzwerke live weltweit gesendet werden, machen betroffen und verstärken die Notwendigkeit von Dialogen.
Ohne Orte kann ein Nation nicht leben. „Make villages not war“ sichert Leben
Die deutschen Partnerschaftskommunen können hier einen wichtigen Beitrag leisten, in dem auch auf ihren Webseiten und Foren immer wieder über die Partnerschaftsbeziehungen berichtet und Hilfsaktionen in der Stadtgesellschaft ausgelöst werden. Das Engagement der Kommunen sollten wir proaktiv abbilden. Die Sichtbarkeit sollte darüber hinaus weitere Kommunen inspirieren, zu helfen.
Neben den deutsch-ukrainischen Partnerschaftskommunen kündigen Hunderte von deutschen Städte und Gemeinden Unterstützung und Hilfe an. So hat die Stadt Landau in der Pfalz eine eigene Engagement-Seite auf der Homepage für Hilfsangebote eingerichtet. Die dort eingestellten Informationen werden auch in ukrainischer Sprache dargestellt. Über das Hilfsportal Ukraine können Sachspenden, Unterkünfte, Übersetzungsdienste und ehrenamtliche Unterstützung vermittelt werden.
Mitte März hat die Stadt Düsseldorf eine Städtepartnerschaft mit der ukrainischen Stadt Czernowitz beschlossen. In der Ratssitzung am 10. März hatte zuvor Roman Klischuk, Bürgermeister der westukrainischen Stadt, in einem bewegenden Videoappell über den "Krieg ohne Regeln" in seinem Land berichtete, bei dem es auch um die "Freiheit in ganz Europa" gehe. Czernowitz (260.000 Einwohner) in der Westukraine ist die Hauptstadt der Oblast Tscherniwzi und war vor dem Zweiten Weltkrieg eine Hochburg jüdischen Lebens und jüdischer Kultur. Seit 2015 gibt es zahlreiche zivilgesellschaftliche Projekte zwischen Düsseldorf und Czernowitz. So wurde beispielsweise das Projekt "Erinnerung lernen" von Olga Rosow, Leiterin der Sozialabteilung der Jüdischen Gemeinde Düsseldorf, initiiert und fortentwickelt. Das Albert-Einstein-Gymnasium Düsseldorf pflegt eine Schulpartnerschaft mit dem Gymnasium Nr. 1 von Czernowitz, und es herrscht ein reger Austausch an Projekten, vor allem mit dem Jüdischen Museum in Czernowitz.
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"Ich bin da" - Das Smartphone als Verteidigungswaffe
Beitrag von Franz-Reinhard Habbel vom 28. Februar 2022
Kriegstreiber scheuen die Öffentlichkeit. Sie wollen möglichst unbehelligt Krieg führen, ihre Interessen mit Gewalt durchsetzen, schnell ihre Ziele erreichen ohne das darüber groß berichtet wird. Das ist in Zeiten des Internets und der sozialen Medien nicht mehr möglich. Der Krieg in der Ukraine wird zu den Kriegen mit der höchsten Informations- und Dokumentationsdichte zählen. Das kann auch eine Chance für Frieden sein.
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Die Stadt Memmingen hat einen Krisenstab eingerichtet, der auch die Unterstützung für die Partnerstadt Tschernihiw koordiniert. Tschernihiw liegt im Nordosten der Ukraine und ist aufgrund zahlreicher zerstörter Brücken und Straßen aktuell nicht für Hilfstransporte erreichbar. Hilfsgüter sollen jedoch nach Tschernihiw transportiert werden, sobald dies wieder möglich ist.
Die baden-württembergische Stadt Filderstadt hat im Gemeinderat eine Resolution verabschiedet. Dort heißt es u.a. „Der Gemeinderat und die Verwaltung der Stadt Filderstadt solidarisieren sich angesichts des von Präsident Putin befohlenen Überfalls der Ukraine und den schrecklichen Zerstörungen und des menschlichen Leids mit der Ukraine und ganz besonders mit unserer Partnerstadt Poltawa. Für Hilfsmaßnahmen wurde in der Stadtverwaltung eine Koordinierungsstelle eingerichtet.”
Die Stadt Celle in Niedersachsen ist mit der ukrainischen Stadt Sumy verschwistert. Sumy liegt ganz im Osten der Ukraine, etwas nördlich von Charkiw - 2.000 Kilometer entfernt von Celle. Oberbürgermeister Jörg Nigge teilt in einem Interview mit, dass man täglich in Kontakt mit verschiedenen Mitarbeitern der Stadt stehe. „Wir haben relativ enge Verbindung nach Sumy. Ab und zu haben wir natürlich überhaupt keinen Kontakt, weil dann alles ausgefallen ist. Aber grundsätzlich, können wir alle zwei Stunden mit so einer kleinen Lagemeldung rechnen. Momentan sieht es dort drastisch dramatisch aus. Die ersten Tage ging es noch. Dort war man zwar eingekesselt, aber die Situation in der Stadt war auch ganz gut. Mittlerweile - seit vier, fünf Tagen - ist es wirklich dramatisch. Die Bilder und Videos die uns erreichen, das ist alles nicht schön, weil wir hier sehr hilflos sind. Wir können zwar jegliche Hilfe anbieten, aber das, was dort wirklich benötigt wird, das natürlich nicht.“
Gudensberg ist eine knapp 10.000 Einwohner-Gemeinde in Hessen. Seit dem Jahr 2016 pflegt sie eine Städtepartnerschaft mit Schtschyrez. Über die Lage und mögliche Hilfsmaßnahmen sprach das Magazin KOMMUNAL ausführlich mit dem Koordinator für kommunale Entwicklungspolitik, Eberhard Kettlitz. Der Link zum dem Interview findet sich in der Linkliste am Ende des Artikels.
Weitere Informationen Servicestelle Kommunen in der Einen Welt (SKEW)info.skew@engagement-global.de; Tel: 0228-20 717 – 2669.
Links:
Freiburg: https://fudder.de/freiburg-will-seiner-ukrainischen-partnerstadt-lviv-helfen-wo-es-geht.
Leipzig: https://www.zeit.de/news/2022-03/08/leipzig-will-millionen-fuer-ukraine-fluechtlinge-bereitstellen.
Hürth: https://www.huerth.de/pressearchiv-2022/2022-02-24-spendenaufruf.php, https://www.rundschau-online.de/region/rhein-erft/huerth/so-koennen-sie-helfen-stadt-huerth-sammelt-spenden-fuer-ukrainische-partnerstadt-39501220
Landau: https://hilfe.engagement-landau.de/hilfsportal/
https://www.memmingen.de/buergerservice/politik/ukrainehilfe.html
https://kommunal.de/ukraine-invasion-staedtepartnerschaft
Weitere Artikel, die auf die Bedeutung von kommunalen Partnerschaften eingehen (die Städte sind ebenfalls in gemeinsamen Programmen der SKEW aktiv)
Hofstetten: https://www.bo.de/lokales/kinzigtal/gebete-spenden-hilfskonvois-das-kinzigtal-packt-fur-die-ukraine#.
Allgemeiner interessanter Artikel über Beispiele aus Städten: https://www.stadtvonmorgen.de/ukrainekonflikt/ukrainekonflikt-so-reagieren-deutsche-staedte-6817/